“Skalierung wird viel stärker mitgedacht”

Mit unserem neuen Programm Skalierungswerkstatt: wachsen & wirken unterstützen wir exklusiv Organisationen, die von der Crespo Foundation gefördert werden. Julia, unsere Skalierungsexpertin im Team und Leiterin des Programms openTransfer Accelerator, hat die Skalierungswerkstatt mitentwickelt. Ein Gespräch über Wachstumsmut, Wachstumschancen und Wachstumsschmerzen und darüber, wie das neue Programm die Wirkung der teilnehmenden Initiativen stärken wird.

Die Fotos in den Formen zeigen Julia Meuter und Hände, die ein Flip Chart Plakat bekleben.
© Ronja Arndt

Skalierung ist eines der Kernthemen der Stiftung Bürgermut. Du bist seit vielen Jahren dabei, Non-Profits zu Wirkung und Wachstum zu beraten und zu begleiten. Warum ist Skalierung ein wichtiges Thema für zivilgesellschaftliche Organisationen?

Julia: In der Zivilgesellschaft gibt es viele gute, sehr innovative Ideen, die einen hohen gesellschaftlichen Nutzen haben. Gleichzeitig mangelt es an finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen, um Projekte umzusetzen. Deswegen ist es wichtig, das Rad nicht überall immer wieder neu erfinden zu müssen. Es lohnt sich, lokal wirkungsvolle Projekte in die Breite zu bringen und Ressourcen zu bündeln und die Erfahrungen, die an einem Ort gemacht wurden, an anderen zu nutzen. Skalierung unterstützt, Probleme nicht nur lokal, sondern in der Fläche zu lösen. Und das ist ja das Ziel vieler Vereine und Non-Profits.

Haben sich die Anforderungen an skalierende Organisationen verändert? Welche Themen oder Fragen stehen im Vordergrund?

Julia: Skalierung wird viel stärker mitgedacht als früher. Vor fünfzehn Jahren, als Skalierung im Dritten Sektor allmählich ein Thema wurde, haben viele noch gesagt: Jetzt haben wir viel Zeit darauf verwendet, das Projekt zu entwickeln und umzusetzen, sollen die anderen doch etwas eigenes entwickeln. Das hört man heute gar nicht mehr. Die Angst zu teilen, haben die meisten überwunden und es ist selbstverständlicher geworden, Projekte von Anfang an größer zu denken. 

Auch das Verständnis von Skalierung hat sich verändert. Auch bei uns in der Stiftung. Wir sprechen nicht mehr so sehr von Projekttransfer und Projektgeber:innen und Projektnehmer:innen, was ja gleich eine hierarchische Grunddynamik hat, sondern von Wirkung und ihrer Steigerung. Es geht stärker um die Frage: Was braucht es, um mehr Wirkung zu erreichen? Das kann dann eine geografische Skalierung sein, kann aber auch bedeuten, neue Wege zu gehen, neue Zielgruppen zu adressieren, neue Partner:innen zu finden oder in die Tiefe zu skalieren. 

Was sind klassische Herausforderungen von wachstumsmutigen Organisationen?

Julia: Was wir immer wieder hören, ist die Finanzierung. Das ist auch eine zentrale Herausforderung von skalierenden Organisationen, aber aus meiner Sicht nicht die erste. Die erste Herausforderung ist, sich aus der Projektlogik zu lösen, in der wir alle gefangen sind, weil wir seit Jahren so arbeiten. Die Wirkung zu skalieren heißt, ein stückweit Projekte und Prozesse loszulassen und anzupassen. Man muss sich andere Fragen stellen.

Die nächste ist, nach vorne zu blicken und auch zu klären, wie die Skalierung langfristig gestemmt werden kann, damit nicht nach drei neuen Standorten Schluss ist oder man vom Erfolg überrannt wird. 

Inwiefern kann Begleitung und der Blick von außen auf der Skalierungsreise unterstützen?

Julia: Skalierung braucht Weitsicht. Das Heraustreten aus dem aktuellen Tagesgeschäft. Dabei ist Begleitung sehr wertvoll. Sie hilft, das große Ganze aufzumachen und Fragen zu klären. Worum geht es uns? Wie können wir unsere Wirkung am besten steigern? Was sind die Schritte der Skalierung? Worauf müssen wir achten? Wie finden wir die richtigen Förder:innen und Partner:innen? 

Was die Stiftung Bürgermut mit dem openTransfer Accelerator und auch dem neuen Programm mitbringt, ist ein Netzwerk. Eine Community aus Organisationen, die die Skalierung schon einmal durchlaufen haben und ihre Erfahrungen teilen. Dieser Austausch ist Gold wert und für die meisten hilfreich. Zu merken, dass andere ähnliche Herausforderungen haben und dass sich diese lösen lassen, wirkt inspirierend und motivierend. 

Gibt es Projekte, die dich im Laufe der Jahre besonders beeindruckt haben?

Julia: Puh. Natürlich. Da sind die Projekte, die sehr erfolgreich skaliert haben, wie Acker, climb oder Kopfsachen. Was mich aber auch immer sehr beeindruckt, sind Organisationen, die es schaffen, sich aus ihrer Projektlogik zu lösen und neu zu denken. Und die Teilnehmer:innen, die mit der Skalierungsreise auch persönlich wachsen. 

Aktuell steigst du als Programmleitung mit Bea und Stefanie in ein neues Programm ein, in die Skalierungswerkstatt: wachsen & wirken. Im Herbst 2024 geht es los.

Julia: Ja. Auf das neue Programm freue ich mich sehr. Wir haben die Skalierungswerkstatt: wachsen & wirken sehr nah an den Bedarfen der Zielgruppe entwickelt und vorab intensive Gespräche mit einigen von der Crespo Foundation geförderten Akteur:innen geführt. Es ist ja so: Organisationen, brauchen, damit sie nachhaltig skalieren können, neben finanzieller Förderung auch Unterstützung bei der Bewältigung der Wachstumsschmerzen. Denn mit dem Wachstum kommt es häufig zu starken Veränderungen. Das Team wächst, neue Kompetenzen sind gefragt, nachhaltige und professionelle Strukturen müssen aufgebaut werden.

Im Programm setzen wir auf eine individuelle Prozessbegleitung, die die von der Crespo Foundation geförderten Initiativen bei ihrer Entwicklung und Professionalisierung unterstützt. Darüber hinaus profitieren die Teilnehmer:innen in den kommenden Jahren von Lern- und Peer-to-Peer-Formate, Austauschrunden und Best-Practice-Sessions. Ich bin sehr gespannt, die Initiativen kennenzulernen und gemeinsam mit dem Team in die Umsetzung zu gehen.

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