Programm „Zusammenhalt“ geht in die Verlängerung

Das Programm openTransfer Zusammenhalt unterstützt und vernetzt Initiativen und Vereine in den ostdeutschen Bundesländern. Friederike und Hannah vom Zusammenhalt-Team berichten von den zivilgesellschaftlichen Herausforderungen vor Ort und verraten, welche Angebote Dank der Förderung durch die Stiftung Mercator in den kommenden Jahren umgesetzt werden können. 

Auf zwei Fähnchen ist das Wort "Zusammenhalt" zu sehe. Im Hintergrund sind drei Personen, die vor einem Sessionplan stehen.
© Linda Margarete Müller/ openTransfer

Was beeindruckt euch am meisten bei den Engagierten, die ihr kennengelernt?

Hannah: Ich habe großen Respekt vor dem Mut und dem langen Atem, den besonders diejenigen beweisen, die in ländlichen Räumen aktiv sind – und der hohen Toleranz gegenüber Frustrationen, die auch dazu gehören.

Friederike: In kleinen Orten mit verhärteten gesellschaftlichen Konflikten gibt es keine Anonymität oder Rückzug. Trotzdem bleiben engagierte Macher:innen dran und schaffen lebendige Angebote, Begegnung und Safe Spaces – teils trotz Anfeindungen oder Ignoranz.

Gerade habt ihr eine “MUT-Reise” durch Sachsen-Anhalt gemacht. Wie ist dort, nach den Landtagswahlen in den benachbarten Bundesländern, die Stimmung?

Friederike: Viele langjährige Aktivist:innen schlagen schon lange Alarm – die aktuellen Ergebnisse sind für viele keine Überraschung. Was jetzt passieren wird, um unsere vielfältige Demokratie anzugreifen, wie zum Beispiel Repressionen, Streichung von Förderprogrammen, Verbot von gendersensibler Sprache oder Symbolen wie Regenbogenfahnen, ist im vollen Ausmaß noch nicht absehbar. Besonders beschäftigt viele Engagierte der starke Rechtsruck unter den Jugendlichen, die an deren Angeboten teilnehmen.

Was brauchen die zivilgesellschaftlichen Akteure in dieser Situation?

Hannah: Viele überlegen, wie sie ihre Projekte absichern können, zum Beispiel durch Mietpachtverträge, um Räume langfristig zu erhalten, oder breiter aufgestellte Finanzierungsmodelle. Gerade bei Akteuren im Bereich Vielfalt gibt es große Sorgen, dass sie aus Förderprogrammen der Kommunen oder der Länder herausfallen. 

Neben der Absicherung der Projekte beschäftigt viele auch ihre persönliche Sicherheit und die Frage, wie sie vor verbalen und körperlichen Bedrohungen sowie Anfeindungen im Internet geschützt werden. Aus diesen Sorgen heraus entsteht ein starkes Bedürfnis nach Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen anderswo machen oder gemacht haben, um miteinander Lösungen zu finden und sich gegenseitig zu unterstützen. 

Im Sommer startete das Programm Zusammenhalt in die zweite Förderphase und wird wieder von der Stiftung Mercator unterstützt. Wie habt ihr das Programm weiterentwickelt, um gut auf die aktuellen Bedarfe reagieren zu können?

Friederike: Wir sind sehr dankbar, dass wir die Perspektive haben, unsere Angebote bis Ende 2028 fortzusetzen und zu erweitern, schließlich steht unsere Zielgruppe vor Ort unter massivem Druck. Zusätzlich zu den bereits erprobten Formaten wie der MUT-Reisen, den openTransfer CAMPs, den Wirkungssprints & Webinaren kommen weitere praktische Werkstattformate hinzu, wie zum Beispiel unser Demokratiesprint, Hospitationen und anlassbezogene Workshops. Im Fokus steht für uns dabei immer, dass die Macher:innen mit konkreten Herausforderungen in unsere Veranstaltungen hineingehen und mit einer individuellen und kollegial diskutierten Lösung wieder nach Hause gehen, um noch wirksamer vor Ort Zusammenhalt und Demokratie zu stärken.

Hannah: Wir möchten eine noch größere Vielfalt an Akteuren ansprechen und die Bildung breiterer Bündnisse unterstützen. Es geht uns dabei auch um diejenigen, die sich vielleicht nicht explizit den Begriff Demokratie auf die Fahne schreiben, aber durch ihr Engagement und ihre Aktivitäten vor Ort bereits einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt und zur Beteiligung vieler leisten. Ich denke dabei beispielsweise an Heimatvereine, Feuerwehren oder Sportvereine. Für ein starkes Miteinander vor Ort brauchen wir alle, die sich für eine lebendige Gemeinschaft einsetzen.

Zum Schluss: Habt ihr ein Beispiel für ein:e besondere:n Mutmacher:in, die ihr im Programm kennengelernt habt?

Friederike: Eine:n Einzelne:n herauszuheben, wird dem Thema nicht gerecht. Das Mutmachen funktioniert nur als Gemeinschaftsaufgabe. Soziokulturelle Zentren wie das Treibhaus Döbeln, das Kunsthaus Neustrelitz und viele, viele weitere sind wichtige Ankerpunkte in einer Region. Aktivist:innen wie das Team von Unteilbar Südbrandenburg, Ocean Hale Meißner von den Bunten Perlen aus Döbeln, Lena Grundmann von Dorfliebe für alle und viele andere geben der Szene ein Gesicht und bringen Themen auf die Bühnen. Vor allem aber stoßen sie vor Ort mit ihren Mitstreiter:innen Wandel an.

Hannah: Besonders mutig finde ich auch die Initiativen, die trotz Bedrohungen über rechte Strukturen in ihren Regionen aufklären und marginalisierte Gruppen schützen: wie Augen auf! in Ostsachsen, Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt und die migrantischen Selbstorganisationen. Und dann gibt es die vielen Initiativen, die durch kleine und große Angebote Begegnung und Zusammenhalt stiften: Die Farbküche Altenburg, die Initiative Jugend und Kultur Cottbus, metro_polis aus Dresden & Leipzig, die vielen tollen Neulandgewinner-Projekte im ländlichen Raum sind nur ganz wenige davon.
Friederike: Gerade lernen wir noch besser kennen, welche entscheidende Rolle die Vereine im ländlichen Raum spielen: Heimatvereine, Sportvereine, Kleingartenvereine und Kirchen. Sie sorgen für Begegnungen, jeden Tag – und darauf kommt es an.

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